Frau Brieske im Interview

Frau Brieske beantwortet, was die Liebigschule für sie ausmacht, was sie als Europaschule auszeichnet und welche Zukunftsfragen eine Rolle spielen werden.

Und als Option findet sich hier das Interview als Textversion:

Am 03.02.2022 führten wir ein Interview mit der Schulleiterin der Liebigschule, Frau Brieske, durch.

Was bedeutet für Sie Europaschule?

Europaschulen sind vom Hessischen Kultusministerium zertifizierte Schulen, die sich zum Ziel gesetzt haben, mit modernen Unterrichtsmethoden jungen Menschen Kompetenzen zu vermitteln, die es ihnen ermöglicht, sich auf der ganzen Welt zurechtzufinden. Wir als Europäer*innen haben gemeinsame Werte, die alle Europaschulen und natürlich auch wir hier auf der Schule vermitteln. Die Welt ändert sich sehr schnell und wir als Europaschule folgen dieser Entwicklung und bereiten die Schüler*innen gut darauf vor, sei es durch staatlich geförderte Programme, durch Sprachenvielfalt, Wertevermittlung, interkulturelle Projekte, durch internationale Betriebspraktika und vieles mehr. Die Schüler*innen werden in den verschiedensten Bereichen der Schule mit eingebunden, um ihre eigenen Kompetenzen zu erweitern. Wir überprüfen, ob diese gewählten Konzepte greifen und passen sie laufend an.
Mir ganz persönlich ist es sehr wichtig, dass alle Kinder, egal wo sie herkommen, welche familiäre Hintergründe sie haben oder in welchem Land sie geboren wurden, die beste Bildung bekommen die möglich ist. Wir nehmen Diversität als Bereicherung an, nicht als Ausgrenzung!

In diesem Zusammenhang: Was genau bedeutet dies im Zusammenhang mit der Liebigschule?

Die Liebigschule ist eine Schule, die das Konzept der Europaschule sehr gut umsetzt. Wir sind schon über 20 Jahre Europaschule, haben dadurch also ganz viel Erfahrung. Von der fünften Klasse bis zum Abitur fördern wir unsere Schüler*innen durch Vermittlung von Kenntnissen in unterschiedlichen Kulturen, Fremdsprachen, politischen Systemen, Werte u.v.m, um allen Schüler*innen die Möglichkeit zu geben, die Welt zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden. Wir ermöglichen jedem diese Chance, u.a. da die Liebigschule Werte vermittelt, um die Welt ohne Vorurteile zu sehen. Wir legen viel Wert darauf, gegen Rassismus vorzugehen. Wir sind deutlich in unserer Einstellung gegenüber Ausgrenzung. Für uns sind alle Menschen und vor allem alle Schüler*innen gleich.

Was brachte Sie dazu, Schulleiterin zu werden?

Diese Frage habe ich mich selbst lange gefragt. Ich war selbst eine begeisterte Chemie- und Biologielehrerin. Ich hatte große Freude, die Phänomene der Natur zu untersuchen und diese Begeisterung den Schüler*innen zu vermitteln. Jedoch fiel mir auf, dass am Schulsystem vieles verändert werden könnte, um mehr Spaß und Gerechtigkeit am Lernen zu ermöglichen. Als Lehrerin waren die Möglichkeiten der Veränderung sehr begrenzt. Als Schulleiterin habe ich die Chance, einen kleinen, jedoch wichtigen Beitrag zu leisten, um in der Schule die Veränderungen voranzutreiben.

Und was trägt dazu bei, dass wir alle morgens gerne hierherkommen?

Jeder soll jeden so akzeptieren, wie er ist. Wir müssen daran denken, dass wir alle Menschen sind, die ähnliche Probleme haben und den Alltag bewältigen wollen. Wir sollten stets freundlich und kooperativ sein. In so einem Klima fühlt man sich wohl und sicher. Toleranz und Akzeptanz der anderen Meinungen sind ebenfalls wichtige Aspekte. Wir sollten uns nach unseren Gemeinsamkeiten ausrichten.

Und wie kann man unserer Schülerschaft zeigen, dass sich ihre Bemühungen auszahlen?

Durch gute Beispiele! Wenn man zum Beispiel ins Mathelabor oder in die Deutschwerkstatt geht und sich vorbereitet und hinterher merkt, dass sich die Anstrengungen gelohnt haben. Auch kann man an anderen Schüler*innen zeigen, dass sich Mühe auszahlt. Unsere Schüler*innen haben zum Beispiel das dritte Mal den Preis der besten deutschen Französischschüler*in gewonnen. Das müssen wir allen Schüler*innen vor die Augen führen. Es lohnt sich mit anderen zu messen und zu gewinnen. Ebenfalls kann man Biografien von ehemaligen Schüler*innen oder Lehrkräften zeigen, um zu veranschaulichen, wie sie ihre Errungenschaften, ihren Beruf, ihren Erfolg erreichten. Viele mussten einiges dafür tun und das zeigen wir dann auch. Durch positive Botschaften und gute Beispiele können andere ermuntert werden!

Wenn es eine Sache geben würde, die sie an der Liebigschule verändern könnten, welche wäre das?

Es gibt ganz viele Dinge, die ich an der Schule verändern würde. Sollte ich mich aber auf eins konzentrieren, würde ich ganz gerne die Räumlichkeiten verändern. Ich würde die Klassenraumstruktur, so starr wie sie ist, aufbrechen und ganz neue Raumstrukturen denken. Ich würde gerne Begegnungsräume und Lerninseln schaffen, mit anderen Möbeln, mit anderer Einrichtung, eben da, wo sich Schülerinnen und Schüler gerne aufhalten und wo sie auch gerne lernen. Also eine anregende Umgebung, in der man sich sehr wohlfühlt und sehr gerne sitzt. Und diese klassische Struktur mit Holzstühlen und Holztischen würde ich ganz gerne aufheben. Unsere jetzt schon sehr grüne Schule würde ich gerne noch grüner haben. Auch die Schulhöfe noch mehr begrünen, nach dem Prinzip des Urban Gardenings würde ich hier vorgehen und die Schule innen und außen zu einem wirklich lebendigen Raum gestalten.

Hand aufs Herz, an welchen Stellen kommt es häufig zu Problemen?

Probleme bei der Umsetzung von Ideen und bei der Umsetzung von Vorgaben? Ja, das Problem ist das mangelnde Geld, das muss man immer wieder sagen. Wir haben zum Beispiel versucht, die Digitalisierung hier voranzutreiben und konnten bisher nur auf eigenes Know- how und eigene Mittel zurückgegriffen. Es ist oft sehr mühsam und kostet viel Kraft und Geduld. Von meinen Ideen auch räumlich etwas zu verändern, kann ich nur träumen. Ich würde mir wünschen, dass es mehr Freiräume für Schulen gibt, die pädagogischen und die räumlichen Ideen umzusetzen. Ein weiteres Beispiel ist das Schwimmbad, das schon seit längerer Zeit geschlossen ist. Leider geht es nur sehr langsam voran, obwohl wir vieles unternommen haben, damit das überhaupt angegangen wird. Mit der Unterstützung der Eltern gelingt auch schon das eine oder andere. Innerhalb der Schule stoßen wir manchmal auf Probleme, z.B. mit einzelnen Schülerinnen und Schülern, die sich nicht an unsere Regeln halten. Dennoch würde ich auch immer sagen, es ist und bleibt hoffentlich eine kleine Anzahl von Schüler*innen. Das sind Schwierigkeiten, die wir aber ganz, ganz bewusst und erfolgreich angehen mit unserem hervorragenden Beratungssystem, das wir hier an der Schule haben.

Kommen wir zur letzten Frage Frau Brieske. Welche Themen sollten wir im nächsten Schuljahr in den Fokus rücken und warum?

Wir haben zwei Jahre Pandemie hinter uns. In dieser Pandemie sind insbesondere die Schülerinnen und Schüler sehr vernachlässigt worden. Nicht von den Lehrkräften und von den Schulen an sich, sondern von der Gesellschaft. Viele Schülerinnen und Schüler sind sehr lange allein gewesen, haben keine Möglichkeit gehabt, sich auszutauschen, mit Freunden zu treffen. Die Fröhlichkeit, die man in der Jugend hat, die konnte nicht ausgelebt werden. Da hat das Miteinander sehr stark gelitten und nach unserem Leitbild „Miteinander will ich“ sollten wir das in den Fokus nehmen, um viele soziale Strukturen, auch Teamgeist wieder zu entwickeln. Das soziale Miteinander, Rücksichtnahme, der Umgang untereinander macht unsere Gesellschaft aus und hat leider sehr gelitten. Deswegen würde ich dafür plädieren, dass wir hier den Fokus des nächsten Jahres setzen.

Wir bedanken uns bei Frau Brieske für ihre Zeit und Offenheit

Interview durchgeführt von: Kenan, Simon und Demian, Q2