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Bundespräsident a. D. Christian Wulff: Videobotschaft an die Menschenrechts-AG

Die Menschenrechts-AG der Liebigschule blickt auf eine lange Tradition zurück und organisiert unter der Leitung des PoWi-Lehrers Çetin Karakuş die jährlich stattfindende Menschenrechtswoche. Im Rahmen dieser Woche gestalten die Lernenden ein vielfältiges Programm aus Vorträgen, Workshops, Lesungen und Podiumsdiskussionen, die sie selbst moderieren. Der thematische Schwerpunkt liegt auf der weltweiten Verletzung von Grund- und Menschenrechten, ergänzt durch zentrale umweltpolitische Fragestellungen.

wulff.jpgMit ihrem neuen Videoprojekt „Menschenrechtswoche on Tour“ erweiterten die Schülerinnen und Schüler den Rahmen der Themenwoche, indem sie interessante Video-Interviews mit bekannten Persönlichkeiten aus Politik, Medien, Sport und Gesellschaft führen. In diesem Zusammenhang sendete erfreulicherweise auch Bundespräsident a. D. Christian Wulff eine Videobotschaft an die Menschenrechts-AG für die Menschenrechtswoche im Dezember, in welcher er auf die zuvor von den Lernenden übermittelten Fragen ausführlich einging.

Auf die einleitende Frage, was für ihn Menschenrechte und Menschenwürde bedeuten, betonte Christian Wulff die zentrale Bedeutung von Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Für ihn sei dies der schönste Satz der deutschen Sprache und die Grundlage aller Menschenrechte. Er erinnerte jedoch auch daran, dass bereits der nächste Satz zeige, wie verletzlich die Menschenwürde ist und wie wichtig es daher sei, dass alle Verantwortung für ihren Schutz übernehmen.

Besonders hob er hervor, dass die Menschenwürde allen gleichermaßen zusteht – unabhängig von Alter, Herkunft oder Lebensumständen: Die Würde hat jeder Mensch von der Geburt bis zum letzten Atemzug. Sie wird nicht verliehen und kann nicht entzogen werden. Diese Unbedingtheit der Menschenwürde finde ich großartig.“

Auf die Frage, inwieweit seiner Meinung nach solche fächerübergreifenden Menschenrechtsprojekte von Lernenden für Lernende etwas bewirken können, würdigte Herr Wulff lobend ihren positiven Einfluss. Er hob hervor, dass solche Aktivitäten das Schulklima stärken, indem sie Respekt, Wertschätzung und einen gewaltfreien Umgang miteinander fördern. „Es schafft Begegnungen und wir wissen einfach, dass Begegnungen am besten geeignet sind, um gar verfestigte Vorurteile abzubauen.“

Zudem würdigte er die Bedeutung solcher Aktivitäten für die Entwicklung von Empathie und das Erkennen von Gemeinsamkeiten. Besonders betonte er die Verbindung von persönlichem Engagement und gesellschaftlicher Verantwortung. „Fast nichts kommt von alleine, und fast nichts bleibt automatisch selbstverständlich von Dauer,“ stellte er fest und unterstrich die Notwendigkeit, sich aktiv für die Menschenrechte einzusetzen.

Mit einem Verweis auf ein Gespräch mit der Widerstandskämpferin Freya von Moltke, deren Mann von den Nazis hingerichtet wurde, hob das ehemalige Staatsoberhaupt die historische Dimension von Verantwortung hervor. Freya von Moltkes eindrucksvollen Worte gleichen einer eindringlichen Mahnung: „Herr Wulff, die erste Demokratie in Deutschland ist untergegangen, weil die Deutschen das Gefühl verloren hatten, für ihre eigene Gesellschaft, für ihr eigenes Land selbst verantwortlich zu sein.“ Daher brächten solche Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern das Gefühl von Verantwortung jedes Einzelnen für unsere Gesellschaft.

Auf die Frage, ob Kinderrechte explizit im Grundgesetz verankert werden sollten, antwortete der ehemalige Bundespräsident: „Erst einmal bin ich für Kinderrechte in der Verfassung und würde wohl, wenn ich nochmal abstimmen müsste, dafür stimmen.“ Er betonte, dass Verfassungen sich stetig weiterentwickeln und nannte Beispiele: „Wir haben Sport als Staatsziel, Kultur als Staatsziel aufgenommen, und deswegen ist das Thema auch zu diskutieren.“ Besonders im Hinblick auf den Missbrauch von Minderjährigen sei das Thema von großer Bedeutung: „Innerhalb von Familien, aber auch innerhalb von Vereinen, überall wo Abhängigkeitsverhältnisse bestehen, wird manches Recht von Kindern mit Füßen getreten und das darf so nicht sein, weil wir heute wissen, dass es das ganze Leben traumatisieren kann, diese Gewalterfahrung als Kind.“

Gleichzeitig wies Christian Wulff darauf hin, dass Menschenrechte bereits für alle gelten: „Kinder sind auch Menschen, und die Menschenrechte gelten für alle Menschen. Und man sollte da nicht differenzieren. Das gilt für Kinder, das gilt nicht für Kinder.“ Dennoch halte er eine Debatte über Kinderrechte in der Verfassung für sinnvoll. Zudem müsse der Fokus auf praktische Maßnahmen im Alltag liegen. „Es braucht ein gutes Jugend-Hilfe-Recht, dass Kinder Verfahrensrechte haben, dass Kinder den Anspruch haben, den jugendpsychiatrischen Dienst kostenlos in Anspruch zu nehmen.“ Besonders nach der Corona-Pandemie gebe es Handlungsbedarf. Der Staat müsse sicherstellen, dass kein Kind verloren gehe.

Zu Maßnahmen gegen Hasskriminalität im Internet erklärte Herr Wulff, dass klare Regelungen für soziale Netzwerke notwendig seien. „Die Plattformbetreiber müssen zuständig sein, schnell zu löschen, wenn ein Löschungsanspruch entsteht.“ Zudem forderte er empfindliche Schadensersatzforderungen: „Es braucht empfindlichen Schadensersatz, damit eben auch wirklich die Verursacher, die Verantwortlichen den Schaden tragen, der einzelnen Menschen hier entsteht.“

Besorgt äußerte er sich über die wachsende Macht großer Akteure wie Donald Trump und Elon Musk im Zusammenhang mit der Plattform X: „Bedenklich ist, dass heute Vereinigungen von Präsident Trump und Elon Musk für X so heftig sind, so stark sind, dass möglicherweise die Politik nicht in die Lage versetzt ist, zu handeln. Ich hoffe, dass dieses in Europa nicht übergreift, sondern wir in Europa in der Lage sind, uns auch mit den ganz großen Unternehmen, den ganz großen Monopolisten anzulegen.“

In seiner Videobotschaft wird deutlich, wie ernst Bundespräsident a. D. Christian Wulff die Fragen der Schülerinnen und Schüler nimmt und wie sorgfältig er auf ihre Anliegen eingeht. Er hebt die Bedeutung persönlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Solidarität hervor, sei es bei Kinderrechten, Hasskriminalität oder dem Engagement für Menschenrechte in der Schule.

Die Menschenrechts-AG der Liebigschule bedankt sich beim ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff herzlich dafür, dass er sich die Zeit genommen hat, auf die Fragen der Schülerinnen und Schüler einzugehen und ihnen durch seine Videobotschaft bereichernde Perspektiven und Inspirationen vermittelt hat.

Das Filmprojekt „Menschenrechtswoche on Tour“, das die Schülerinnen und Schüler mit großem Engagement realisiert haben, wird demnächst für alle Interessierten auf der Schulwebsite verfügbar sein.

Berichte und Impressionen speziell zum Filmprojekt „Menschenrechtswoche on Tour“ und zur Themenwoche im Allgemeinen sind unter folgenden Links abrufbar:

Zum Tag der Menschenrechte: Liebigschule in Frankfurt präsentiert Filmprojekt - Video | hessenschau.de | TV-Sendung

Eine Schule setzt sich ein (Frankfurter Rundschau)

Liebigschule in Frankfurt: Einsatz für die Rechte von Frauen (Frankfurter Rundschau)

„Menschenrechtswoche on Tour“ beim ZDF-Heute Journal – Liebigschule Frankfurt

Ehrenpräsident Peter Fischer (Eintracht Frankfurt) zu Gast in der Menschenrechts-AG – Liebigschule Frankfurt

Mit menschenrechtlichen Grüßen

Die Menschenrechts-AG

Grußwort der Schulleitung

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